Auch
im Internet:
Und das Recht greift doch
Klaus Parker*
Reicht das vorhandene Instrumentarium des Rechts aus, um
rechtsextremistische Straftaten aufzudecken und zu verfolgen? Die rasante
technische Entwicklung, insbesondere im Bereich der so genanten Neuen
Medien, hat diese Frage aufgeworfen. Dieser Beitrag zeigt, wie sich die
Rechtsprechung den Problemen dieser technischen Entwicklung gestellt hat und
weiterhin stellt.
Mit dem Bereich der Neuen Medien wird gemeinhin das Internet
gemeint. Diese Technologie entstand in den USA aus der militärischen
Notwendigkeit, eine Kommunikationsstruktur zu schaffen, die auch bei Ausfall
wesentlicher Knotenrechner funktionsfähig blieb. Das in den sechziger Jahren
entwickelte ARPA-Net trug dem Rechnung, indem es ohne Zentrale auskam. Die
Rechner wurden vielfältig miteinander vernetzt. Die Software-Protokolle
sorgten dafür, dass sich die einzelnen Datenpakete den Weg zum Zielrechner
"selbst suchen". Ist eine Leitung oder ein Knotenrechner ausgefallen,
erfolgt die Übermittlung über einen alternativen Weg.
Nach Freigabe des inzwischen als Internet bezeichneten ARPA-Netzes für den
zivilen Bereich erfolgte eine rasante Verbreitung, zunächst im universitären
Bereich. Anfang der neunziger Jahre hat die Entwicklung einer grafischen
Benutzeroberfläche, Browser genannt, die Bedienung wesentlich vereinfacht.
Die Einbindung von Binär-Dateien in die so genannten Web-Seiten wurde
möglich. Noch entscheidender ist die Möglichkeit, mittels Verweis-Befehlen,
so genannten Hyperlinks, auf beliebige andere Web-Seiten zu verweisen und
sie darzustellen. Dabei spielt es keine Rolle, auf welchem Rechner sich
diese Verweis-Seiten befinden. Somit gibt es für das Internet auch keine
nationalen Grenzen. Der Bereich der nationalen Rechtsordnungen wird
überschritten.
Dies ist insofern von Bedeutung, als selbstverständlich jede Nation ihre
Rechtsordnung nach ihren konkreten geschichtlichen Erfahrungen ausgestaltet.
Ein Beispiel: Die Symbolik des Hakenkreuzes ist in Europa eindeutig. Es ist
ein Kennzeichen des NS-Regimes. Die europäische und insbesondere deutsche
Geschichte hat dazu geführt, dass die Swastika, das Hakenkreuz, nicht in
anderem Kontext gesehen werden kann. In anderen Kulturen, insbesondere in
Asien, ist das anders. Dort gilt die Swastika seit sehr langer Zeit als
Glückssymbol und wird auch nur in diesem Kontext verwendet. Daher gibt es in
diesen Ländern kein Verbot dieses Symbols. In Deutschland dagegen ist die
Verwendung als Kennzeichen des NS-Regimes aus gutem Grund gemäß § 86 a
Strafgesetzbuch untersagt, sofern die Verwendung nicht zu
Dokumentationszwecken, im Rahmen der Kunst oder sonstigen anerkannten
Zwecken erfolgt. Als sonstiger von der Rechtsprechung anerkannter Zweck gilt
auch die Religionsausübung, so dass die asiatische Religionsgemeinschaft
Falun Dafa auch auf ihrer deutschen Web-Seite die Swastika verwenden darf.
Vor dem Hintergrund der notwendigerweise unterschiedlichen Rechtsordnungen
erscheint die vielfach geforderte internationale Rechtsangleichung nicht
durchführbar.
Aus einem Beitrag in
Stephan Braun, Daniel
Hörsch (Hrsg.):
Rechte Netzwerke - eine Gefahr
VS Verlag für
Sozialwissenschaften 2004
Euro 19,90 >> [Bestellen?]
Rezensionen:
Rechte Netzwerke:
Eine
Gefahr
Viele Bücher, die das Thema
Rechtsextremismus behandeln, gehen ausführlich auf die von diesem
ausgehenden Gefahren ein, bieten jedoch keine Gegenstrategien an...
"Neue Rechte":
Rechte
Netzwerke - eine Gefahr
Neben fortwährender Angriffe auf eine angeblich zu brechende Hegemonie der
68er bzw. der Linken generell, präsentiert man sich als Nonkonformist,
Tabubrecher oder Rebell gegen Denkverbote... |
|
|
(2) Vgl. dazu den Beitrag von Andrea Livnat und David
Gall in diesem Band
*) Autoren und Herausgeber
Braun, Stephan, geb. 1959. Studium der Politikwissenschaften,
Theologie und Pädagogik. Journalist, Beiträge unter anderem für die
Agenturen epd und dpa, für Tages- und Wochenzeitungen, Fachzeitschriften
und den Hörfunk. Seit 1996 Mitglied des Landtags von Baden-Württemberg,
Schwerpunkte: Jugend und Bildung, Extremismus und Verfassungsschutz.
Sprecher der SPD-Fraktion für Fragen des Verfassungsschutzes und des
Extremismus, Vorsitzender des Gremiums nach Artikel 10 Grundgesetz.
Herausgeber des Buches "Der Jugend eine Chance. Perspektiven,
Forderungen, Modelle", Stuttgart 1999. Autor in: Elisabeth Gropper,
Hans-Michael Zimmermann (Hrsg.): "Zuwanderung, Zugehörigkeit und
Chancengleichheit für Kinder und Jugendliche", Stuttgart 2000.
Gall, David,
geb. 1956, Studium der Pharmazie in Jerusalem, seit 1989 in Deutschland,
Fortbildung in medizinischer Informatik. 1995 Gründung von haGalil
onLine. Seitdem ist David Gall Herausgeber des Internetmagazins, leistet
Beratungen zu Antisemitismus, Antizionismus und "Rechts-extremismus im
Internet" und hält Vorträge und Fortbildungen zum Thema.
Hörsch, Daniel, M.A., geb. 1974. Studium der Zeitgeschichte,
Soziologie, Rhetorik und Philosophie. Autor bei IDGR.
Livnat, Andrea,
geb. 1974, studierte Geschichte, Politikwissenschaft und Judaistik an
der Universität München und schreibt derzeit an ihrer Promotion. Andrea
Livnat arbeitet seit drei Jahren als Redakteurin bei haGalil onLine.
Seit Sommer 2000 lebt sie in Tel Aviv und leitet die
Öffentlichkeitsarbeit von haGalil in Israel.
Parker, Klaus, geb. 1952, hat Pädagogik und
Rechtswissenschaft studiert. Er lebt in Berlin und ist tätig für das
Zentrum demokratische Kultur sowie für das jüdische Internetmagazin
haGalil. Dort betreut er unter anderem das Meldeformular für
rechtsextremistische Internetseiten.
Vogel, Hans-Jochen, geb. 1926, Jurastudium in München und
Marburg, Promotion. Regierungsrat im Bayerischen Justizministerium,
Amtsgerichtsrat in Traunstein, sodann abgeordnet in die bayerische
Staatskanzlei, Rechtsreferent im Münchner Stadtrat. Oberbürgermeister
von München, ab 1970 im SPD-Bundesvorstand, ab 1972 Mitglied im
Bundestag. Bundesminister für Raumordnung, Städtebau und Bauwesen, 1974
Justizminister. 1981 Regierender Bürgermeister von Berlin (West). Dann
Oppositionsführer im Berliner Abgeordnetenhaus. Vorsitzender der
SPD-Fraktion im Deutschen Bundestag bis 1991. 1987 bis 1991
SPD-Parteivorsitzender. Gründungsvorsitzender der Vereinigung "Gegen
Vergessen - für Demokratie".
Vogt, Ute, geb. 1964 in Heidelberg, Rechtsanwältin, MdB,
Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister des Inneren,
Stellvertretende SPD-Parteivorsitzende, Landesvorsitzende der
baden-württembergischen SPD, Mitglied im Beirat "Bündnis für Demokratie
und Toleranz".
hagalil.com
22-11-2004
|
|