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Teil II. des Beitrags
Auch im Internet: Und das Recht greift doch

Von Klaus Parker

Parker, Klaus, geb. 1952, hat Pädagogik und Rechtswissenschaft studiert. Er lebt in Berlin und ist tätig für das Zentrum demokratische Kultur sowie für das jüdische Internetmagazin haGalil. Dort betreut er unter anderem das Meldeformular für rechtsextremistische Internetseiten.

Die generalpräventive Wirkung des Strafrechtes

Das Strafrecht soll drei Zwecken dienen:

  1. dem Schuldausgleich,
  2. der Spezialprävention, mithin der Resozialisierung des Verurteilten mit dem Ziel eines künftigen straffreien Lebens und
  3. der Generalprävention, mithin der Wirkung auf andere potenzielle Straftäter, denen das Risiko einer eigenen Bestrafung bewusst gemacht werden soll. Generalprävention hängt entscheidend davon ab, wie hoch ein tatsächliches Täterrisiko der Entdeckung und Verurteilung denn tatsächlich ist.

Das Internet als Plattform für rechtsextremistische Propaganda-Straftaten zeichnet sich durch eine hohe Fluktuation der Inhalte und durch Unüberschaubarkeit aus. Zudem besteht die Möglichkeit, durch die bereits erwähnten Hyperlinks fremde Netzinhalte so zu verbreiten, als wären es eigene. Der letztgenannte Punkt, der das Netz als ein riesiges Beziehungsgeflecht erscheinen lässt, wirft die Frage nach effektiven Ermittlungsmethoden auf.

Der Autor betreut das Meldeformular für rechtsextremistische Internet-Inhalte beim jüdischen Online-Magazin haGalil.(*2) Dieses Meldeformular wird rund 200 Mal im Monat zur Meldung volksverhetzender Inhalte genutzt. Die Meldungen sind, was bei der hohen Fluktuation von Bedeutung ist, stets aktuell und werden unverzüglich ausgewertet, wobei möglicherweise flüchtige Beweise gesichert werden.

Die "normale" Ermittlungstätigkeit der Strafverfolgungsbehörden erfolgt lediglich fallbezogen. Ein konkreter Tatvorwurf, bezogen auf eine konkrete Internet-Seite, wird bearbeitet. Das Netz besteht jedoch aus einem großen Beziehungsgeflecht, aus dem sich zum einen die Vernetzungsstrukturen der rechtsextremistischen Szene nachvollziehen lassen, zum anderen führt die Nachverfolgung von verlinkten Inhalten zu anderen Seiten mit strafbaren Inhalten. Durch die nicht ausschließlich fallbezogene Ermittlungstätigkeit von haGalil besteht mithin der Vorteil eines größeren Überblicks und Kenntnisstandes, auf den im Bedarfsfalle schnell zurückgegriffen werden kann.

Regelmäßig sind in Deutschland die Ermittlungen für den Bereich Internet-Kriminalität bei den Landeskriminalämtern angesiedelt, in geringen Teilen auch beim Bundeskriminalamt. Bis vor einiger Zeit waren die technischen Kenntnisse der Ermittler eher als gering anzusehen. Immerhin bedarf es einiger Fähigkeiten, um Zugriffsprotokolle und etwa bei E-Mails die Kopfzeilen (Header) auszulesen und vor allem auszuwerten. Doch das Internet ist weder ein rechtsfreier, noch ein anonymer Raum. Jeder Nutzer hinterlässt eine Vielzahl von Spuren.

Um der Strafverfolgung in Deutschland zu entgehen, versuchen rechtsextremistische Straftäter verstärkt die Rechtslage in den USA zu nutzen. Dort fällt rassistische Hetze aufgrund des ersten Zusatzartikels zur Verfassung unter den Begriff der Meinungsfreiheit, die nicht eingeschränkt werden darf. Deshalb legen sie die Seiten auf einem Server in den USA ab und halten sie dort abrufbereit. Doch auch diese Methode schützt nicht vor Entdeckung und Strafverfolgung. Zumindest beim Hochladen und Aktualisieren der Inhalte muss der Täter über seine deutschen Internet-Service-Provider ins Netz gehen, um Schreibzugriff auf den Server in den USA zu haben. Und diese Aktivität wird durch den Provider selbstverständlich protokolliert.

Ferner hat fast jede rechtsextremistische Web-Seite als interaktiven Bereich ein Diskussionsforum. Diese Foren werden oftmals in die Web-Seite in Form eines Rahmens eingefügt, wobei das Forum selbst in der Regel nicht in den USA gehostet wird, sondern durch einen Anbieter werbefinanzierter Foren und damit kostenfrei bereitgestellt wird. Dabei handelt es sich oftmals um einen Anbieter aus dem deutschsprachigen oder sonst europäischen Raum. Dessen Log-Dateien sind demnach grundsätzlich bei Verdacht einer Straftat den deutschen Strafverfolgungsbehörden zugänglich. Über diesen Ermittlungsansatz ist es in der Vergangenheit gelungen, die Urheber diverser rechtsextremistischer Internet-Angebote zu ermitteln. Die eigentliche Ermittlungsarbeit, nämlich die Anforderung und Auswertung der haGalil selbstverständlich nicht zugänglichen Log-Dateien der Provider, ist Sache der Staatsanwaltschaften. Von hier kann immer nur mitgeteilt werden, wann über welchen Provider die entsprechenden Inhalte eingestellt wurden.

Ebenso bietet fast jedes der einschlägigen Internet-Auftritte die Möglichkeit, einen so genannten Newsletter zu abonnieren. Dadurch will der Seitenbetreiber aktuelle Informationen mitteilen. Diese Newsletter werden regelmäßig durch E-Mail versandt und enthalten oft die provider-spezifischen Daten des Versenders und mutmaßlichen Täters in der normalerweise verborgenen Kopfzeile der E-Mail. Diese sind in jedem gängigen E-Mail-Programm durch einen Maus-Klick sichtbar zu machen.

Ein weiterer, vielfach erfolgreicher Ermittlungsansatz ist die auf der Web-Seite angegebene E-Mail-Adresse. Diese bleibt oftmals über längere Zeit konstant. Und häufig nutzen die Täter diese E-Mail-Anschrift auch für andere Zwecke, beispielsweise für Diskussionsbeiträge in anderen Foren oder im News-Net. Es lässt sich relativ schnell mit einer gängigen Internet-Suchmaschine feststellen, ob und wo diese E-Mail-Adresse sonst noch in Erscheinung getreten ist.
Nicht selten offenbart der Täter bei der anderweitigen Verwendung seiner E-Mail-Anschrift mehr über sich, als es der Konspirativität gut tut. So konnte etwa der Betreiber einer volksverhetzenden Seite aus dem Hessischen leicht ermittelt werden. Er hatte unter identischer E-Mail anderthalb Jahre zuvor in einem rechtsextremen Forum eine Freundin gesucht und dabei nicht nur seine Größe, Haarfarbe et cetera anpreisend hervorgehoben, sondern auch den Wohnort, die von ihm besuchte Schule und vor allen Dingen auch seinen dort bekannten Spitznamen mitgeteilt.

Diese wenigen Beispiele von erfolgversprechenden Ermittlungsansätzen trotz angestrebter Konspirativität der Täter zeigen, dass die generalpräventive Wirkung des Strafrechtes durch massive Erhöhung des Verfolgungsdrucks und des Täterrisikos greifen kann und greift.

Fortsetzung:
Veränderung der Organisationsstrukturen und Reaktion der Rechtsprechung

hagalil.com 22-11-2004


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