Ist Ihnen haGalil onLine etwas wert?
Sie können uns helfen, wenn Sie einen
Betrag überweisen auf Konto:
haGalil onLine / tacheles reden!
Berliner Sparkasse (BLZ: 10050000)
Konto-Nr.: 610020480
Mit vielen Links
gegen rechts im Netz
Der jüdische Online-Anbieter haGalil.com setzt auf
massive Verlinkung und sich so gegen Naziseiten durch
SUSANNE AMANN
BERLIN - taz - Wer im Internet noch vor drei, vier
Jahren nach dem jüdischen Begriff "Schächten" gesucht hat, landete mit
hoher Wahrscheinlichkeit auf Seiten rechter Gruppierungen. Die ließen
sich dann in aller Ausführlichkeit - als Beispiel für die generelle
Grausamkeit des Judentums - über die Tierquälerei bei der jüdischen Art
des Schlachtens aus. Wer heute "Schächten" in die Suchmaschine eingibt,
hat dagegen eine gute Chance, zu erfahren, was das wirklich ist - und
das liegt an haGalil.com.
Der Münchner Onlineanbieter betreibt das größte jüdische
Internetportal in Europa. Durchschnittlich 140.000 User besuchen die
Webpage im Monat und rufen von dort etwa 1,8 Millionen Seiten ab. Für
Internetmaßstäbe eine enorm hohe Zahl. Ursprünglich in erster Linie als
Informations- und Kommunikationsplattform für Juden in Deutschland
geplant, hat sich haGalil.com inzwischen einer ganz anderen Aufgabe
verschrieben: Die zu erreichen, die sich über das Judentum,
Antisemitismus und den Holocaust informieren wollen - und zwar
möglichst, bevor sie auf den braunen Internetseiten landen.
"Der Umgang mit dem Judentum ist nach wie vor ein
heikles Thema in Deutschland", sagt David Gall, Gründer von haGalil. Es
sei eine diffuse Mischung aus Beklommenheit und schlechtem Gewissen auf
Grund der Vergangenheit, lang gepflegten Vorurteilen und großem
Unwissen. Und dabei seien gerade die Nichtwisser extrem gefährdet, über
Seiten rechtsextremistischer Gruppen zu stolpern. Denn die verbreiten
ihre rechte Ideologie gerne billig, weitreichend und schnell per
Internet. Deshalb setzt haGalil - hebräisch für Galiläa - genau da an:
Durch gezielte Verknüpfungen (rund 18.000 sind es mittlerweile) mit den
Webseiten thematisch verwandter Angebote steigert das Portal den eigenen
Rang innerhalb der Suchmaschine und taucht dadurch weit oben in der
Ergebnisliste auf. Rechte Gruppierungen sind, was die Verlinkung
untereinander angeht, glücklicherweise weniger rege.
Wesentlich aktiver zeigten sich die braunen Schergen
dafür, wenn es darum ging, Beschimpfungen und Drohungen per E-Mail oder
im Forum auf das haGalil-Team loszulassen. "Wenn man sich diese Texte
anschaut", so Gall, "stellt sich schon die Frage, woher diese enormen
Energien die diese Leute aufbringen herkommen. Es spricht aus vielen
Mails blanker, gewaltbereiter Hass" - wenn man sich diese Entwicklung
anschaut, kommt man schnell auf die Frage "Was kann man tun?".
Dass haGalil inzwischen auch relativ effektiv rechte
Seiten strafrechtlich verfolgen lässt, war ein weiterer Nebeneffekt. Auf
den Seiten von haGalil findet sich ein Formular, mit dem User auf rechte
Seiten im Netz aufmerksam machen können. Halten die Juristen von haGalil
deren Inhalte für strafrechtlich verfolgbar, nehmen sie Kontakt zur
Staatsanwaltschaft auf. So gingen 50 Prozent der im Jahr 2000
angezeigten und sanktionierten Fälle allein auf die Initiative von
haGalil zurück. "Auch wenn man die deutschen Behörden manchmal wie den
Hund zum Jagen tragen muss", wie Gall bedauert.
Als Motivation für die Arbeit mag dem zwölfköpfigen, nur
zum Teil auf 630-Mark-Basis arbeitenden Team in erster Linie die
Hoffnung dienen, das "verkrampfte Verhältnis", wie Gall es nennt, von
Juden und Nichtjuden in Deutschland zu verbessern. Wobei ein wenig mehr
Engagement seitens der Wirtschaft durchaus zupass käme: Trotz seiner
Größe hat haGalil.com bisher keine einzige deutsche nichtjüdische Firma
als Werbepartner gewinnen können.
taz Nr. 6641 vom 4.1.2002, Seite 13, 114
TAZ-Bericht SUSANNE AMANN
© Contrapress media GmbH
Vervielfältigung nur mit Genehmigung des taz-Verlags
hagalil.com / 10-01-02
|