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Angeblicher Neonazi-Aussteiger verbreitet antisemitische Traktate im Netz

Berlin (Bericht des IDgR) - Detlef Nolde (Jahrgang 1969, vormals Cholewa), der bislang als Hardcore-Neonazi bekannt war, hat seinen Ausstieg aus der rechtsextremen Szene erklärt. Nolde war zuvor NPD-Chef von Ost-Berlin, FAP-Kader und Direktkandidat der Nationalen, Gründer der Kameradschaften Treptow und Köpenick sowie maßgeblicher Anti-Antifa-Aktivist. Noch bis Ende 1999 saß er wegen zweifacher gefährlicher Körperverletzung sowie der Beteiligung an einer Schlägerei ein. Bei dieser "Schlägerei" waren zwei Neonazis durch Messerstiche getötet worden.

Bei dem fragwürdigen Internetprojekt nazis.de, das als vermeintliche Maßnahme gegen Rechtsextremismus den Dialog mit Neonazis anbietet, kann der "Aussteiger" sich nun in einem eigens für ihn eingerichteten Web-Forum präsentieren. Nolde nutzt dies zur Verbreitung bekannter antisemitischer Literatur, ohne dass die selbsternannten "Experten" von nazis.de daran Anstoß nehmen. Unter dem Titel "Jüdische Selbstzeugnisse" führt Nolde zahlreiche "Zitate" von Juden an, die sich bei näherer Betrachtung als Fälschungen von Nazi-Propagandisten erweisen. Einige der angeblichen Zitate finden sich just auch in dem Buch "Jüdische Selbstzeugnisse" des Dr. J. Pohl, erschienen im Welt-Dienst-Verlag in Frankfurt 1944. Thema der Propagandaschrift ist der "Größenwahn der Juden", "jüdische Weltherrschaftspläne", die "Verjudung des nichtjüdischen Lebens". Hinzu kommen zahllose gefälschte Talmud-Zitate. Einige der aufgeführten Zitate finden sich in der Zeitschrift Mensch und Maß und in einer Broschüre der völkischen Sekte der "Ludendorffer" aus dem Jahre 1964: "Der Verlag Hohe Warte und die Judenfrage".

In Noldes Zitatensammlung wird ein "Isidor Witkowski" genannt. Gemeint ist der bekannte Publizist Maximilian Harden, Mitbegründer des Theatervereins "Freie Bühne" in Berlin, Berater von Max Reinhardt sowie Herausgeber und leitender Redakteur der Zeitschrift "Die Zukunft". Der liberale Intellektuelle und Protestant jüdischer Herkunft zog den Hass des Nazi-Propagandachef Goebbels auf sich, der ihn stets "Isidor" nannte. Gleiches widerfuhr dem Berliner Polizeichef Dr. Bernhard Weiß. Goebbels über Harden: "Was ist dieser verdammte Jude für ein heuchlerischer Schweinehund. Lumpen, Schufte, Verräter. Die saugen uns das Blut aus den Adern. Vampire!" (Goebbels-Tagebuch, 1924). Nach der Ermordung seines Freundes, des deutschen Aussenministers Walther Rathenau, wird auch auf Harden von rechtsradikalen Kreisen ein Attentat verübt, das er schwer verletzt überlebt. Als "Isidor Witkowski" wird Harden nur in NS-Schriften genannt, z.B. in dem bereits genannten Buch von Pohl, aber auch in dem Pamphlet "Der Jude und der deutsche Mensch" von Curt Hermann, herausgegeben vom Nationalsozialistischen Lehrerbund, im Internet abrufbar auf den Seiten des Antisemiten und Holocaust-Leugners Ahmed Rami.

Ebenfalls bei Pohl finden sich die Zitate eines "Ben-Chaim", die Nolde in seinem Forum verbreitet. Schon der Titel des 1938 in Zürich erschienen Buches "Juda erwache!" läßt eine antisemitische Fälschung vermuten, denn im Nazijargon war "Juda" die negative, pathetische Bezeichnung für die Gesamtheit der Juden.

Seine Kenntnisse über das Judentum belegt Nolde ausserdem mit Herman Wirth (mit vollem Namen: Hermann Felix Wirth Roeper Bosch), Mitbegründer des Ahnenerbe der SS, den er als angeblichen Gerichtsgutachter vor dem Landgericht Berlin 1957 auftreten läßt. Einen der umtriebigsten antisemitischen Schreiber in Ungarn, Baron A. Luzsenszky, der nach dem Zweiten Weltkrieg zu einer mehrjährigen Gefängnisstrafe verurteilt wurde, beschreibt Nolde als kompetenten Talmud-Übersetzer ("Der Talmud in nichtjüdischer Beleuchtung"). Auf Luzsenszky beruft sich der rechtsextreme Autor Erich Glagau in seinem Buch "Der Babylonische Talmud", das ebenfalls in der Tradition antisemitischer Talmud-Zusammenstellungen steht. Glagaus "Erdachte Gespräche - Prominente sagen die Wahrheit", erschienen im "Neue Visionen Verlag" von Gerhard Förster in der Schweiz, ist in der Schweiz indiziert. Seine Veröffentlichungen sind wohl auch die Quelle der Geschichte von Herman Wirth als Gerichtsgutachter. Diese findet sich auch in dem Buch "Verdammter Antisemitismus" von "Harold Cecil Robinson", ebenfalls im "Neue Visionen Verlag" erschienen. Das Buch wird von antisemitischen Verschwörungsautoren gerne als "Quelle" herangezogen. Hinter dem Pseudonym soll sich Informationen von Germar Rudolf zufolge der deutsche Rechtsextremist Johannes P. Ney verbergen.

In den "Talmud-Diskussionen" von nazis.de tauchen ebenfalls Ausschnitte aus der Pohl-Publikation auf. Eine neuere Auflage der Pohl-Schrift wurde im einschlägigen Buchdienst Witten (Nordrhein-Westfalen) herausgegeben.

Nolde verbindet die Diskussionen gleichzeitig mit Werbung für die Webseiten des Verschwörungsautoren Jo Conrad sowie für den Amadeus-Verlag der Familie Holey. Der Sohn Jan Udo Holey veröffentlichte unter dem Pseudonym "Jan van Helsing" die antisemitisch-verschwörungstheoretischen "Geheimgesellschaften", die 1996 aufgrund ihres volksverhetzenden und strafbaren Inhaltes bundesweit beschlagnahmt und eingezogen wurden. Als "Ihr Tor zur Wahrheit" preist Nolde auch den Osiris Buchversand an, der vor allem einschlägige politische Esoterik im Angebot hat.

IDGR 06.12.2001 21:30 (ergänzt 8.12.01 18:45)

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